Mentoring hat sich in den letzten Jahrzehnten als eine Standardmethode der Personalentwicklung etabliert. Dabei handelt es sich um die längerfristige, hochindividualisierte Begleitung und Förderung einer weniger erfahrenen Person (Mentee) durch eine erfahrene Person (Mentor). Beim klassischen Mentoring unterstützt zumeist eine Führungskraft aus dem oberen Kader ein Nachwuchstalent bei dessen beruflicher Entwicklung und Potenzialentfaltung. Hierzu stellt sie ihr Wissen und ihre Erfahrung, aber auch ihr berufliches Netzwerk zur Verfügung.
Der Nutzen von Mentoring für die Mentees liegt auf der Hand. Sie profitieren von konkreten Ratschlägen und Impulsen für ihre berufliche Weiterentwicklung. Darüber hinaus erhalten sie einen Einblick in übergeordnete unternehmerische Themen, ein differenziertes und ganzheitliches Verständnis der Organisation sowie die Gelegenheit, sich ihrerseits rasch und gezielt intern zu vernetzen.
Doch auch für die Mentoren und das Unternehmen bringt ein Mentoring-Programm handfeste Vorteile. Die Mentoren können die eigene Erfahrung weitergeben und erhalten ihrerseits Anerkennung, Einblicke in andere Unternehmensbereiche sowie die Möglichkeit, durch den ungefilterten Informationsaustausch mit den Mentees ihre Perspektive zu erweitern. Zudem bindet Mentoring Schlüsselpersonen an die Organisation und fördert einen hierarchiestufen- und bereichsübergreifenden Know-How-Transfer. Damit kann Mentoring in Zeiten von Fachkräftemangel und zunehmend komplexeren Wertschöpfungsketten massgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beitragen.
«Im Austausch mit meinem Mentee aus der Produktion erkannte ich dessen Fähigkeit, bestehende Prozesse kritisch zu hinterfragen und wirkungsvolle Veränderungen anzudenken. Ich ermöglichte ihm daraufhin die Übernahme der Leitung eines unternehmensweiten Innovationsprojekts, das er mit grossem Erfolg umsetzte.»
CEO, mittelständisches Industrie-Unternehmen
Im Dialog mit Führungskräften fällt mir immer wieder auf, dass viele Unternehmen zwar Mentoring-Programme anbieten, dabei aber recht unsystematisch vorgehen. Häufig geht man beispielsweise davon aus, dass Mentoring lediglich die «Verkupplung» eines geeigneten Tandems erfordert – oder sogar ohnehin Bestandteil der Beziehung zwischen Führungskräften und direkt unterstellten Mitarbeitenden ist. In vielen Fällen werden Mentoren und Mentees zudem mit der Frage, wie das Mentoring aussehen sollte und welchem Zweck es dient, allein gelassen. Ein derartiges Vorgehen vernachlässigt viele wesentliche Voraussetzungen für ein zielführendes Mentoring und schmälert dessen Nutzen für alle Beteiligten.
Zu diesen Erfolgsfaktoren gehören beispielweise Struktur und Verbindlichkeit (z.B. durchgängige Kriterien zur Aufnahme als Mentee und eine vorab definierte Programmdauer). Ohne klare Rahmenbedingungen und das Commitment beider Parteien, diese einzuhalten, verkommt Mentoring rasch zu einer losen Ansammlung von Kaffeegesprächen, in denen bestenfalls Tipps und Anekdoten ausgetauscht werden. Daher bedarf ein wirkungsvolles Mentoring klarer Strukturen sowie eindeutig festgelegter Rechte und Pflichten. So hilft beispielsweise ein formaler Mentoring-Vertrag dabei, gegenseitige Erwartungen zu klären, messbare Ziele zu definieren und die Grundregeln für die Zusammenarbeit zu fixieren.
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die systematische Verankerung in der Organisation. Auf den ersten Blick scheint es vielleicht so, als wäre ein Mentoring eine beinahe private Angelegenheit zwischen Mentor und Mentee. In der Tat sind Vertrauen und Vertraulichkeit zwischen den Beteiligten Grundpfeiler eines erfolgreichen Mentorings. Zugleich darf der Prozess nicht im luftleeren Raum – sprich: losgelöst von der Unternehmensrealität – ablaufen. Stattdessen bedarf es einer systematischen Einbindung in die strategische Personalentwicklung sowie einer konsequenten Ausrichtung auf die Unternehmensziele und -kultur. Dies gewährleistet, dass das Mentoring auf relevante Herausforderungen fokussiert (z.B. Nachfolgeplanung, bereichsübergreifende Karrierepfade, Diversität innerhalb des Kaders). Authentisches Commitment vonseiten des Top-Managements – etwa durch Übernahme der Mentoren-Rolle durch Mitglieder der Geschäftsleitung – verleiht dem Programm das erforderliche Standing innerhalb der Organisation und vermittelt sowohl Wertschätzung als auch eine konstruktiv-fordernde Erwartungshaltung.
Auch ein strukturiertes Qualitätsmanagement ist ein zentraler Erfolgsfaktor für ein Mentoring-Programm. Allzu oft regiert diesbezüglich in Unternehmen das Prinzip Hoffnung: Solange man nichts Gegenteiliges hört, gilt ein Mentoring-Prozess – irgendwann – als erfolgreich abgeschlossen. Ob die gewünschte Wirkung tatsächlich eingetreten ist und wo allenfalls noch Verbesserungsbedarf besteht, bleibt weitestgehend offen. Sinnvoller ist hier eine standardisierte Qualitätsmessung, in der evaluiert wird, ob die Erwartungen der Beteiligten erfüllt und die gemeinsamen Ziele erreicht wurden. Werden dann noch konkrete Optimierungsmassnahmen abgeleitet und ein interner Erfahrungsaustausch etabliert (z.B. in Form gemeinsamer Kick-Off- und Abschlussveranstaltungen mit allen aktiven Mentoren und Mentees), ist sichergestellt, dass sich der Mentoring-Prozess – analog zu seinen Akteuren – erfolgreich weiterentwickelt.
Auf den Punkt: Mentoring ist ein effektives Tool, um Schlüsselpersonen und sogar die Organisation als Ganzes gezielt weiterzuentwickeln. Trotz – oder gerade wegen – des hohen Grads an Individualisierung und Flexibilität braucht es aber eine systematische Planung, Umsetzung und Evaluation, um zu verhindern, dass der Mentoring-Prozess wirkungslos versandet.
Wollen Sie in Ihrem Unternehmen einen professionellen Mentoring-Prozess etablieren oder ein bestehendes Programm optimieren? Wir unterstützen Sie gerne dabei – ganzheitlich von A bis Z oder als kompetenter Sparringspartner bei spezifischen Fragen. Kommen Sie gerne auf uns zu! Übrigens: Mentoring ist gerade für KMUs eine gute Möglichkeit, Talente auch ohne standardisierte Karrierepfade gezielt zu fördern – wir beraten Sie gerne.