Blinde Flecken aufdecken dank Perspektivenwechsel

Die Fähigkeit, sich selbst zu coachen, ist eine der grossen Qualitäten, die einen erfahrenen CEO ausmachen. Im Kern geht es bei Selbstcoaching darum, eigene Entscheide und ihr Zustandekommen zu hinterfragen. Diese Aufgabe ist alles andere als einfach, denn wir alle verfügen über Jahre gefestigte und eingespielte Verhaltens- und Entscheidungsmuster, die unserer Sozialisation und unserem Weltbild entspringen. Wegen dieser Muster sind wir teilweise blind für Schwachstellen im Entscheidungsprozess. Solche blinde Flecken zu identifizieren, erfordert Distanz von der eigenen Persönlichkeit und Programmierung – es braucht einen Perspektivenwechsel. Zu einem gewissen Grad lässt sich ein solcher Reflexionsprozess alleine bewältigen. Schwierig wird es aber, wenn man sich eigene Schwächen eingestehen muss. Da dies schmerzhaft ist, kommt es nicht selten zum Abbruch des Reflexionsprozesses. So verharren wir in bestehenden Überzeugungen und Verhaltensmustern.

Gerade in Krisenzeiten und Phasen hohen Drucks steigt die Gefahr zusätzlich, dass Selbstcoaching und Perspektivenwechsel misslingen. Während der vergangenen Monate durfte ich den CEO eines in der Immobilienbranche tätigen Schweizer KMU als Coach unterstützen. Das Krisenmanagement im Zuge der Corona-Pandemie führte dazu, dass sich die Frequenz an wichtigen Entscheiden stark erhöhte. Der CEO bekundete Schwierigkeiten, alle relevanten Stakeholder einzubinden und sie abzuholen. Wir führten daher eine Triage durch und reflektierten, was er angesichts der neuen Situation nicht sauber durchdacht hatte. Dabei zeigte sich, dass die grosse Schwierigkeit beim Übergang in den Krisenmodus darin bestand, dass bestehende Strukturen, die sich im Normalbetrieb bewährt haben, in der Krise nicht mehr einwandfrei funktionierten. In der Folge analysierten wir gemeinsam, welche Aufgaben er sich zuordnen sollte und welche er delegieren konnte. Das sorgte für klare Verhältnisse und Sicherheit in der Organisation – zentrale Faktoren für eine möglichst reibungslose Zusammenarbeit. Im Dialog fanden wir zudem heraus, dass der CEO zwar inhaltlich sattelfest war, seine Botschaft jedoch nicht adressatengerecht erfolgte. Auch legten wir offen, dass er kritischen Situationen oft unbewusst auszuweichen versuchte. So sorgten wir dafür, dass er diese Situationen nicht mehr länger aussass, sondern aktiv anging.

«Obwohl ich oft glaubte, ich hätte ein Thema schon zur Genüge beleuchtet, gelingt es im Coaching immer wieder, durch gezielte Fragen aufzuzeigen, wo ich Aspekte ungenügend durchdacht habe. Indem ein Thema ganzheitlicher beleuchtet wird, gelingt es, blinde Flecken offen zu legen, was sich in der Folge als Gamechanger erweist.»

CEO eines KMU im Immobilienmanagement

In Zeiten, in denen Umsicht und Reflexion wegen der hohen Entscheidungskadenz auf der Strecke bleiben, lohnt es sich für Führungskräfte besonders, einen erfahrenen Businesscoach als Sparringspartner zu engagieren. Ein Coach kann vor allem dabei helfen, den Perspektivenwechsel zu vollziehen und blinde Flecken zu identifizieren. Gleichzeitig hinterfragt er die teilweise aus der operativen Hektik entwickelten Lösungsansätze und Herangehensweisen und zeigt auf, wo wichtige Anspruchsgruppen aktiv involviert werden müssten. Besonders in neuen Funktionen oder bei einem Wechsel in eine neue Organisation hilft es, das eigene Verhalten systematisch und kritisch zu hinterfragen. Auch ist es wertvoll, einen neutralen Sparringspartner auf Augenhöhe an der Seite zu haben, der sich nicht scheut, kritische Rückmeldungen zu geben, Entscheidungen und Lösungsansätze mittels vertiefter Fragen zu ergründen und einen Raum für ungefilterte, ehrliche Reflexionen auf der individuellen Ebene zu schaffen. Ein solches Coaching sollte aber keinesfalls als Nachhilfe oder Ausdruck von Schwäche verstanden werden. Das Gegenteil trifft zu. Es ist wie beim Sport: Die besten Sportler vertrauen auf die besten Coaches, um noch besser zu werden.

Walk the talk – Führung im Kulturwandel

In einer schnell ändernden Businesswelt wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich rasch an neue Gegebenheiten anzupassen. Viele müssen sich konstant weiterentwickeln und rücken ihre Innovationskraft stärker in den Fokus. Die digitale Transformation führt dazu, dass Unternehmen ihre Kultur hinterfragen und einen grundlegenden Wandel anstreben, um eine agile und dem ständigen Lernen verpflichtete Organisation zu schaffen. Um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten, kommt der passenden Führungskultur besondere Bedeutung zu. Jeder Kulturwandel steht und fällt mit der obersten Führung: Sie gibt nicht nur die Richtung vor, sie muss diese auch verinnerlichen und vorleben. Mitarbeitende achten darauf, was Führungskräfte sagen und was sie tun. Stimmen die Botschaften nicht mit der tatsächlichen Führung überein, leidet sowohl die Glaubwürdigkeit der Führung als auch die Motivation der Mitarbeitenden, den Wandel mitzutragen. Um die Unternehmenskultur effektiv zu ändern, muss die Führung mit gutem Beispiel vorangehen und den Worten Taten folgen lassen (walk the talk).

Dass es Führungskräften jedoch alles andere als einfach fällt, diesem Anspruch gerecht zu werden, erfahre ich als Coach aktuell in besonderem Masse. Gestandene Führungspersönlichkeiten berichten mir von Schwierigkeiten, die Balance zu finden, die Organisation weiterzuentwickeln und gleichzeitig ihre Mitarbeitenden auf die Reise mitzunehmen. Ein CEO offenbarte mir, wie sehr er intern gegen Windmühlen kämpft und dabei immer wieder den Kompass verliert. Unsere systematische Analyse der Situation ergab zwei für ihn zentrale Herausforderungen, die typisch sind für die Transformation und Kulturveränderung. Erstens konnte er zwar die strategischen Ziele und relevanten Handlungsfelder benennen, jedoch wirkten seine Botschaften schwammig, technisch und wenig sinnstiftend. Darunter litt seine Authentizität. Zweitens bestand bei näherer Betrachtung ein grosses Dilemma für ihn darin, die Verantwortung für neue Themen zu delegieren und gleichzeitig die Steuerung der definierten Ziele sicherzustellen.

«Für mich war es sehr wertvoll, zu erleben, was sich verändert, wenn ich meine Botschaften authentisch in den Dialog mit meinen Mitarbeitenden einbaue. Heute schätze ich die deutlich grössere Nähe zur Basis, die sich daraus entwickelte.»

CEO Softwarehaus/IT-Dienstleister

Im Coaching schälten wir die Werte und Regeln der Führung heraus und entwickelten ein eigenes Verständnis der zentralen Elemente agiler Führung – Vertrauen schenken und Rahmen setzen. Gleichzeitig trainierten wir seine Fähigkeit, Mitarbeitende situativ zu führen, also bei Bedarf durchaus auch klare Ansagen zu machen und Aufträge zu erteilen. Zu den definierten Werten und Regeln entwickelte er stringente und authentische Botschaften, welche wir im Dialog schärften. In diesem Prozess erlebte er bei sich selbst, wie gut seine Botschaften ankommen und welche Energien sie freisetzen. Seine Führungsbotschaften teilte der CEO mit seiner Geschäftsleitung und begann, seinen Kolleginnen und Kollegen regelmässig zu vermitteln, was er mit ihnen erreichen will. Damit konnte er zwar längst nicht alle restlos überzeugen, jedoch erreichte er jene Schlüsselmitarbeitenden, die es zwingend braucht, um den Wandel in sämtlichen Organisationseinheiten voranzutreiben. 

Trotz guter Vorsätze fallen Führungskräfte selber immer wieder in alte Verhaltensmuster zurück und sorgen damit für Irritationen. Ich darf Ihnen jedoch versichern: Das ist ganz normal und gehört zum Lernprozess. Viele Führungskräfte möchten zu viel auf einmal und müssen lernen, dass der Wandel zuallererst bei ihnen selbst beginnt und dass dieser Prozess Zeit benötigt. Indem Sie Ihren Mitarbeitenden diesen Vorgang erklären, schaffen Sie Verständnis und Vertrauen, selbst wenn Sie mal aus der Rolle fallen. Stehen Sie zu Fehlern, lernen Sie daraus und teilen Sie lehrreiche Erfahrungen, damit auch andere im Unternehmen davon profitieren. Sie werden dadurch nahbarer und gewinnen an Postur und Glaubwürdigkeit. Schwächen und Fehler einzugestehen, beweist Selbstreflexion und Lernbereitschaft – Qualitäten, die unabdingbar sind, um den Wandel zu meistern. Stellen Sie sich dem Feedback Ihres Teams und nehmen Sie es entgegen. Das verleiht Ihnen Authentizität. That’s how you walk the talk.