Das Coronavirus hält die Schweiz in Atem. Die Ereignisse rund um die Bekämpfung von COVID-19 überschlagen sich täglich. Um die Verbreitung des Virus aufzuhalten respektive zu verlangsamen, sind rigorose Massnahmen notwendig, welche die Landesregierung laufend verschärft. Alle Firmen vom Klein- bis Grossunternehmen müssen sich innert kurzer Zeit auf neue Situationen einstellen. Sie müssen rasch reagieren, umdisponieren und nach Alternativen suchen, damit ihr bestehendes Geschäftsmodell nicht zum Erliegen kommt. Um eine solche Ausnahmesituation erfolgreich zu bewältigen, braucht es vor allem eines: ein funktionierendes Krisenmanagement.
Seitdem sich das Ausmass der Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus abzeichnet, befinden sich die Firmen im Krisenmodus. Viele erwischte es jedoch auf dem falschen Fuss. Ihre Notfallpläne greifen – wenn sie überhaupt existieren – nur partiell. Niemand wollte sich zu Beginn vorstellen, wie stark sich die Corona-Pandemie auswirkt. In ihrer frühen Phase vor rund zwei Wochen wandte sich ein Schweizer KMU im Dienstleistungssektor mit rund 150 Mitarbeitenden an mich, um die Unternehmensleitung zu beraten. Schnell war klar: Es braucht einen entscheidungsfähigen Krisenstab. Diesen bildete eine kleine schlagkräftige Gruppe, bestehend aus dem Geschäftsführer, dem Finanzchef und dem Chief Operating Officer. Als erstes galt es, eine Lagebeurteilung vorzunehmen und verschiedene alternative Szenarien und Vorgehen – je nach Verlauf der Coronakrise – zu bestimmen. Rasch zeigte sich, wie gut die Ausrichtung auf die technischen Belange gelang. Jedoch lag das Augenmerk anfangs zu stark darauf. Es bestand die Gefahr, dass zwei der wichtigsten Aspekte überhaupt zu wenig Beachtung erhielten: Stringenz in der Kommunikation und Sicherstellung eines kontinuierlichen Informationsflusses. Hier vermochte ich rasch ein höheres Bewusstsein und Klarheit zu schaffen. Wir legten die Rollen fest, verabschiedeten erste Massnahmen und definierten die drei Hauptzielgruppen, auf die sich insbesondere die kommunikativen Aktivitäten ausrichten sollten: Führungskräfte, Mitarbeitende und Kunden.
„Unser Krisenmanagement ist nicht nur entscheidend für den Fortbestand unseres Unternehmens. Ich glaube, dass wir mittelfristig sogar stärker aus der Krise hervorgehen.»
Geschäftsführer KMU im Dienstleistungssektor
Schon früh wurde uns bewusst, dass sämtlichen Mitarbeitenden Homeoffice ermöglicht werden musste, um den Betrieb im Ernstfall weiterhin am Laufen zu halten. Rasch wurden die technischen Vorkehrungen getroffen, allen Mitarbeitenden wurde Remote-Zugang zu ihrem Arbeitsplatz eingerichtet und bereits am Folgetag arbeiteten alle in einer Testphase für einen Tag im Homeoffice. Der Test verlief positiv und wurde aktiv durch ein technisches Care-Team rund um den COO betreut. Der Zeitpunkt des Testversuchs erwies sich als goldrichtig: Da der Bundesrat erneut seine Massnahmen verschärfte, arbeiteten fortan alle Mitarbeitenden zuhause. Dieser Prozess ging einher mit einer aktiven und transparenten Kommunikation durch den Geschäftsführer. Via Videokonferenz richtete er sich in regelmässigen Live-Video-Botschaften an die Mitarbeitenden, um über die aktuelle Lage zu informieren, sie für die angepasste Arbeitsweise zu motivieren und Anweisungen zur Zusammenarbeit sowie im Umgang mit Kunden zu geben. In einer deutlich höheren Frequenz als mit den Mitarbeitenden stellte der Krisenstab den Austausch mit den Führungskräften sicher. Diese trainierten in einem kurzen Video-Workshop, ihre Mitarbeitenden virtuell zu führen, Aufgaben zu delegieren und Gefässe für den Austausch im Team zu nutzen – dies alles virtuell. Nicht zuletzt war es ihren praxisnahen Inputs zu verdanken, dass das Unternehmen seinen Kundinnen und Kunden weiterhin hochqualitative Dienstleistungen anbieten konnte. Die Mitarbeitenden nahmen die Inputs auf, waren aufgrund der sinnvermittelnden Kommunikation motiviert und leisteten einen bedeutenden Effort hinsichtlich der Anpassung an die neue Arbeitsweise. Damit wurde auf allen Ebenen eine zielgerichtete und angemessene Information der Kunden erzielt. Auf Kundenseite fand die proaktive und offene Kommunikation grossen Anklang. Aufgrund der ausserordentlichen Lage waren ihr Verständnis und ihre Bereitschaft vorhanden, alternative Lösungen und Kanäle für die gewohnten Services in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der klaren und präzisen Auftragserteilung der Führungskräfte an die Mitarbeitenden konnten Prioritäten richtig gesetzt und die Deadlines für Projekte weiterhin eingehalten werden.
Aus meiner Sicht ist es besonders wichtig, in der Krise notwendige Massnahmen klar zu kommunizieren. In solchen Zeiten ist ein direktiver Führungsstil angemessen. Beispielsweise gibt es kein Wenn und Aber, ob jemand unter den geltenden Hygienevorschriften die Hände reicht oder nicht. Ebenso wenig ist es angebracht, selber zu entscheiden, ob man lieber im Büro oder Homeoffice arbeitet. Wichtig ist die Gesamtverantwortung, die in den Händen der Geschäftsleitung liegt. Dazu gehört auch die Verantwortung für ihre Mitarbeitenden. Eine solche Krise erfordert von Krisenstab, Führungskräften und Mitarbeitenden eine hohe Anpassungsleistung und grossen Einsatz. Schliesslich geht es um nichts weniger, als um das Überleben des Unternehmens und den Erhalt von Arbeitsplätzen. Dazu müssen alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Diese Situation zu vermitteln und eine gemeinsame Wertebasis zu schaffen, ist die unabdingbare und undelegierbare Aufgabe der obersten Führung. In einer solchen Krise geht es aber nicht nur darum, das Kernbusiness aufrechtzuerhalten, sondern auch darum, allfällig freiwerdende Ressourcen zu nutzen, um Kunden mit zusätzlichen Dienstleistungen einen Mehrwert zu schaffen. Krisen sind immer auch eine Chance für die Zukunft, um sich im Wettbewerb mit der Konkurrenz eine gute Ausgangslage zu verschaffen.